Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz
Vermutlich jeder würde sich wünschen, auch im fortgeschrittenen Alter noch möglichst selbstbestimmt in seinem vertrauten Umfeld leben zu können. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Körperliche Einschränkungen, psychische Beeinträchtigungen oder altersbedingte Gebrechen sind häufig der Grund dafür, dass Menschen ihre eigene Wohnung aufgeben müssen.
Die Entscheidung, umzuziehen und sich in Sachen Pflege und Betreuung von einem Dritten abhängig zu machen, fällt vielen schon schwer genug. Hinzu kommt aber noch, dass ältere, pflegebedürftige oder behinderte Menschen meist der schwächere Partner in der Vertragsbeziehung mit dem Anbieter sind.
An dieser Stelle kommt das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz, kurz WBVG, ins Spiel. Sein Ziel besteht darin, die Belange von hilfe- und pflegebedürftigen Menschen zu stärken und möglichen Benachteiligungen entgegenzuwirken.
Aber was regelt das Gesetz genau, wann greift es und was gilt für die Verträge?
Hier die wichtigsten Fragen und Antworten
zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz in der Übersicht:
Inhalt
Welche Regelungen enthält das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz?
Durch die Regelungen im WBVG soll im Wesentlichen ein besserer Schutz für ältere, pflegebedürftige oder behinderte Menschen gewährleistet sein, die ein Zimmer oder ein Appartement in einer Einrichtung oder einer Wohngemeinschaft beziehen und im Zuge ihres Umzugs gleichzeitig einen Vertrag über ihre Betreuung oder Pflege abschließen.
Ob die Betreuungs- oder Pflegeleistungen von Anfang an in Anspruch genommen oder erst für später vereinbart werden, spielt dabei keine Rolle. Das WBVG macht es sich zur Aufgabe, die Belange der Betroffenen zu stärken und Benachteiligungen vorzubeugen.
Allerdings müssen einige Besonderheiten beachtet werden, die davon abhängen, ob ein Betroffener Privatzahler ist, Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegepflichtversicherung erhält oder Sozialhilfe als Hilfe zur Pflege oder als Eingliederungshilfe bezieht.
Wann kommt das WBVG zur Anwendung?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie eine Unterkunft mit notwendigen Betreuungs- oder Pflegeleistungen kombiniert werden kann, und auch im Hinblick auf die Wohn- und Einrichtungsformen sind unterschiedliche Varianten denkbar. Der Betroffene kann jedoch nicht in jedem Fall von den Regelungen des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes profitieren.
Damit das WBVG greift, müssen folgende Grundvoraussetzungen erfüllt sein:
· Der Betroffene muss volljährig sein.
· Der Betroffene muss einen Hilfebedarf haben, der sich durch das Alter, eine Pflegebedürftigkeit oder eine Behinderung begründet.
· Der Betroffene muss einen Vertrag abschließen, der zum einen die Nutzung von Wohnraum und zum anderen die sofortige oder spätere Inanspruchnahme von Pflege- oder Betreuungsleistungen umfasst.
Es ist allerdings nicht unbedingt notwendig, nur einen einzigen Vertrag zu schließen. Genauso können die Leistungen auch im Rahmen von mehreren Verträgen vereinbart werden, sofern die Verträge miteinander verknüpft sind.
· Der Vertrag kann mit einem Unternehmer oder mit mehreren Anbietern geschlossen werden. Es ist also möglich, mit einem Unternehmer das Mietverhältnis zu vereinbaren und gleichzeitig mit einem oder mehreren anderen Unternehmern ein Vertragsverhältnis, das das Erbringen von Betreuungs- oder Pflegeleistungen sofort oder im Bedarfsfall umfasst, zu begründen. In zweitem Fall müssen die Unternehmer aber wirtschaftlich miteinander verbunden sein.
Das Gesetz und alle darin enthaltenen Regelungen kann übrigens hier nachgelesen werden: https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/wbvg/gesamt.pdf
Welche Informationen muss der Anbieter zur Verfügung stellen?
Vor dem Umzug in eine betreute Wohngemeinschaft, ein Pflegeheim oder eine Einrichtung der Behindertenhilfe soll der Betroffene die Möglichkeit haben, das Angebot in aller Ruhe mit seinen Wünschen, Bedürfnissen, Erwartungen und nicht zuletzt finanziellen Vorstellungen abzugleichen. Das WBVG verpflichtet den Anbieter deshalb dazu, bestimmte Informationen rechtzeitig vor Abschluss des Vertrags zur Verfügung zu stellen.
Um sicherzustellen, dass es sich bei den Informationen nicht nur um ungenaue und unverbindliche Werbeaussagen handelt, gibt das WBVG außerdem vor, wie und was der Anbieter vermitteln muss.
Für den Betroffenen sind die Informationen deshalb von großer Bedeutung, weil sie den späteren Vertragsgegenstand bilden und sich der Betroffene auf die ausgehändigten Informationen berufen kann. Sollen im Vertrag andere Vereinbarungen getroffen werden, muss der Anbieter ausdrücklich darauf hinweisen, dass und in welcher Form Abweichungen von den vorvertraglichen Informationen gegeben sind.
Gemäß Gesetz ist der Anbieter dazu verpflichtet, die Informationen schriftlich auszufertigen und dem Betroffenen rechtzeitig vor dem Vertragsabschluss auszuhändigen. Zudem müssen die Infos in einer leicht verständlichen Sprache formuliert sein. Aussagen dazu, wie die Informationen konkret auszusehen haben, macht das Gesetz nicht. Um die Einrichtung allgemein darzustellen, kommt aber beispielsweise in Prospekt oder eine Broschüre in Frage.
Was gilt für den Vertrag?
Bei dem Vertrag, den der Betroffene und der Anbieter miteinander schließen, handelt es sich oft um ein recht umfangreiches Dokument. Die vielen verschiedenen Klauseln, die sich über mehrere Seiten erstrecken, sollen Regelungen zum Verhältnis während der Vertragslaufzeit treffen. Viele Vertragsvereinbarungen sind jedoch schon durch das Gesetz verpflichtend vorgeschrieben.
Andere Vereinbarungen wiederum müssen zwingend im Vertrag aufgeführt sein. Hierzu gehören in erster Linie die Regelungen zu den konkreten Leistungen, zu denen sich der Anbieter gegenüber seinem Vertragspartner verpflichtet.
Sind Absprachen geplant, die von Gesetzes wegen nicht vorgeschrieben, aber zulässig sind, müssen diese ebenfalls vertraglich fixiert werden. Außerdem muss im Vertrag festgehalten sein, wenn es Abweichungen von einem Grundsatz, den das Gesetz festlegt, geben soll.
Wichtig zu wissen in diesem Zusammenhang ist aber, dass eine vereinbarte Abweichung nur dann wirksam wird, wenn sie laut Gesetz zulässig ist oder wenn die Regelung den Betroffenen besser stellt als der gesetzliche Grundsatz.
Ein Vertrag wird in den meisten Fällen unbefristet geschlossen. Hat sich der Betroffene dazu entschlossen, seine Wohnung aufzugeben, wird er sein neues Umfeld wohl dauerhaft beziehen wollen. Insofern ist ein unbefristeter Vertrag durchaus im Interesse des Betroffenen.
Grundsätzlich kann ein Vertrag aber auch befristet geschlossen werden. Dies macht etwa dann Sinn, wenn der Betroffene nur vorübergehend in der Einrichtung wohnen und später wieder in seine eigene Wohnung zurückkehren möchte. Widerspricht die Befristung nicht dem Interesse des Betroffenen, kann sie vereinbart und auch beliebig oft erneuert werden.
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Thema: Fragen und Antworten zum Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz
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