Keine Krankenversicherung – und jetzt?
In Deutschland besteht grundsätzlich eine Krankenversicherungspflicht. Schon seit 2007 muss jeder, der früher gesetzlich krankenversichert war, wieder einer gesetzlichen Krankenkasse beitreten. 2009 wurde die Krankenversicherungspflicht auch auf diejenigen ausgeweitet, die ehemals Mitglieder einer privaten Krankenkasse waren.
Doch trotz der Krankenversicherungspflicht gibt es hierzulande Menschen, die nicht krankenversichert sind. Der Hauptgrund hierfür sind die Finanzen. So befürchten einige, dass sie die monatlichen Beiträge für die Krankenversicherung nicht aufbringen können.
Andere haben Sorge, wie sie die Beitragsrückstände bezahlen sollen, die rückwirkend für die Zeit der Nichtversicherung fällig werden.
Die Pflicht zu ignorieren und einfach auf eine Krankenversicherung zu verzichten, ist aber die denkbar schlechteste Lösung! Im Notfall wird sich zwar eine Versicherung finden, die die Kosten für eine Akutversorgung übernimmt. Ein Versicherungsschutz für weitergehende Behandlungen, selbst wenn diese notwendig wären, ist aber nicht gegeben.
Ist der Betroffene erst einmal erkrankt, wird er zudem kaum in der Lage sein, eine Lösung mit der Krankenversicherung auszuhandeln. Deutlich schlauer ist deshalb, das Problem aktiv anzugehen.
Unter dem Motto “Keine Krankenversicherung – und jetzt?“ erklärt der folgende Ratgeber, was der Betroffene unternehmen kann:
Inhalt
Die Zugehörigkeit zur Krankenversicherung
Zunächst einmal gilt zu klären, ob der Betroffene Mitglied einer gesetzlichen oder einer privaten Krankenversicherung werden muss. Dabei ergibt sich die Zugehörigkeit aus der Vorgeschichte:
- War der Betroffene früher gesetzlich krankenversichert, muss er sich jetzt auch wieder bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichern.
- War der Betroffene früher privat krankenversichert, muss er in eine private Krankenkasse zurückkehren.
- War der Betroffene bislang noch gar nicht krankenversichert, hängt die Zuordnung von der beruflichen Situation ab. Ist der Betroffene selbstständig, freiberuflich oder als Beamter tätig, wird er der privaten Krankenversicherung zugeordnet. Alternativ dazu kann er freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung werden. Ist der Betroffene angestellter Arbeitnehmer oder ist er nicht berufstätig, wird er der gesetzlichen Krankenversicherung zugeordnet.
- Hat der Betroffene mehrere Arbeitsplätze, ist sein Hauptberuf für die Zuordnung maßgeblich. Der Hauptberuf ist der Beruf, der die meiste Arbeitszeit in Anspruch nimmt und mit dem der Betroffene den überwiegenden Teil seines Einkommens erwirtschaftet.
- Ist sich der Betroffene nicht sicher, welche Krankenversicherung in seinem Fall richtig ist, sollte er sich zuerst an eine gesetzliche Krankenkasse wenden. Stellt sich heraus, dass eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht möglich ist, wird ihn die gesetzliche Krankenkasse an die private Krankenversicherung verweisen.
Die Auswahl der Krankenkasse
Ist die gesetzliche Krankenversicherung möglich, kann sich der Betroffene die gesetzliche Krankenkasse frei aussuchen. Eine Gesundheitsprüfung findet nicht statt und Vorerkrankungen sind kein Ausschlusskriterium. Sie wirken sich auch nicht auf die Beitragshöhe aus, ebenso wenig wie das Alter oder das Geschlecht.
Die Beitragshöhe ist stattdessen bei allen gesetzlichen Krankenkassen gleich. Lediglich die Höhe der Zusatzbeiträge, die gesetzliche Krankenkassen erheben dürfen, variiert. Auch im Leistungsspektrum kann es kleinere Unterschiede geben. Deshalb kann es sich lohnen, mehrere Krankenkassen miteinander zu vergleichen.
In der privaten Krankenversicherung kann sich der Betroffene prinzipiell auch aussuchen, zu welchem Anbieter er möchte. Allerdings können die privaten Krankenkassen Risikozuschläge erheben, wenn der Betroffene Vorerkrankungen hat oder schon älter ist. Schlimmstenfalls können sie den Antrag sogar ablehnen. Die Beitragshöhe richtet sich nach dem vereinbarten Versicherungsumfang.
Deshalb sollte sich der Betroffene von einem Fachmann beraten lassen oder zumindest selbst gut recherchieren und mehrere Tarife miteinander vergleichen, bevor er einen Vertrag abschließt. Sind die Voraussetzungen nicht optimal, kann der sogenannte Basistarif eine Lösung sein.
Der Basistarif entspricht dem Leistungsumfang, der in der gesetzlichen Krankenversicherung gegeben ist. Die Versicherungsbeiträge dürfen ebenfalls nicht höher sein als in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zudem muss die private Krankenversicherung den Betroffenen, ähnlich wie die gesetzliche Krankenversicherung, auf jeden Fall und ohne Gesundheitsprüfung in den Basistarif aufnehmen.
Ist der Betroffene nicht in der Lage, die Versicherungsbeiträge für den Basistarif aufzubringen, kann er beantragen, dass ihm der halbe Beitrag erlassen wird.
Die Beitragsrückstände
Tritt der Betroffene wieder in die Krankenversicherung ein, muss er alle Beiträge nachzahlen, die seit Beginn der Krankenversicherungspflicht aufgelaufen sind. Kehrt der Betroffene in die gesetzliche Krankenversicherung zurück, muss er deshalb die Rückstände ausgleichen, die ab dem 1. April 2007 entstanden sind.
Kehrt der Betroffene in die private Krankenversicherung zurück, werden rückwirkend die Beiträge ab dem 1. Januar 2009 fällig. Zu den eigentlichen Versicherungsbeiträgen kommen dann noch Säumniszuschläge dazu.
Da der Gesetzgeber weiß, dass durch diese Regelung sehr hohe Beitragsrückstände vorhanden sein können, hat er Möglichkeiten auf den Weg gebracht, die die Rückkehr in die Krankenversicherung erleichtern sollen. Ein vollständiger Erlass der Beitragsschulden ist seit Ende 2013 zwar nicht mehr möglich, aber die Krankenkassen können einen ordentlichen Teil der Versicherungsbeiträge und der Säumniszuschläge erlassen.
Wie hoch die Ermäßigung ausfällt, hängt von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen ab. Der Betroffene sollte deshalb einen Nachlass beantragen und versuchen, eine gute Lösung mit seiner neuen Krankenkasse auszuhandeln.
Der Notlagentarif für Privatversicherte
Muss sich der Betroffene privat krankenversichern und kann er die Versicherungsbeiträge nicht bezahlen, gibt es mit dem sogenannten Notlagentarif eine letzte Chance.
Der Notlagentarif wurde 2013 eingeführt und umfasst in erster Linie eine akute Versorgung im Notfall. Lediglich bei Kindern und Schwangeren werden umfangreichere Leistungen übernommen. Dabei versteht sich der Notlagentarif als Übergangslösung, bis der Betroffene die Versicherungsbeiträge wieder aufbringen kann.
Entspannt sich die finanzielle Situation, sollte der Betroffene deshalb zeitnah in einen vollwertigen Tarif oder zumindest den Basistarif wechseln. Dadurch ist sichergestellt, dass er nicht nur im Notfall versorgt wird, sondern darüber hinaus auch weitere, notwendige Behandlungen in Anspruch nehmen kann.
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Thema: Keine Krankenversicherung – und jetzt?
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