Multiple Sklerose: die Krankheit mit den tausend Gesichtern
Multiple Sklerose oder kurz MS ist eine Krankheit, die mit großen Ängsten verbunden ist. Viele denken automatisch an Betroffene, die im Rollstuhl sitzen. Tatsächlich ist MS eine neurologische Erkrankung, die dazu führt, dass in einem schleichenden Prozess die Kontrolle über die Muskeln verloren geht. Allerdings kann Multiple Sklerose sehr unterschiedlich verlaufen.
Aber welche Symptome hat MS eigentlich genau? Welche Ursachen hat MS? Und wie weit ist die Forschung?:
Inhalt
Nicht zwingend schwerer Verlauf
Multiple Sklerose ist zwar noch immer nicht heilbar, aber zunehmend besser therapierbar. In Deutschland wird die Diagnose etwa 40 Mal pro Tag gestellt. Dabei sind überwiegend junge Erwachsene betroffen. Gleichzeitig sind rund 70 Prozent aller Patienten weiblich.
Für jede betroffene Person ist die Diagnose zunächst ein Schock.
Gleichzeitig stehen viele Fragen im Raum:
Was passiert jetzt mit meinem Körper? Wie soll es weitergehen? Kann ich weiterhin arbeiten? Kann ich eine Familie gründen? Macht es überhaupt noch Sinn, Pläne für die Zukunft zu schmieden?
Viele Ängste und Sorgen gehen darauf zurück, dass viele MS mit der Vorstellung verknüpfen, innerhalb kürzester Zeit im Rollstuhl zu sitzen. Doch so düster ist die Prognose nicht. Eine schwere Behinderung bringt die Krankheit nur bei etwa einem Drittel der Betroffenen mit sich.
Bei einer entsprechenden Behandlung können sich nach 25 Jahren Krankheitsdauer noch gut zwei Drittel der Betroffenen ohne Rollstuhl fortbewegen.
Ein Drittel der Erkrankten kann nach dieser Zeit sogar noch einem Beruf nachgehen.
Unklare Auslöser
Bei der Diagnose MS würden wir uns vermutlich alle fragen: „Warum ausgerechnet ich?“ Doch wieso jemand an MS erkrankt und jemand anderes nicht, kann auch die Wissenschaft bislang nicht beantworten.
Eine Vermutung ist, dass genetische Faktoren beteiligt sind. Eine direkte Vererbung erfolgt aber nicht.
Untersuchungen haben gezeigt, dass selbst bei eineiigen Zwillingen mit identischen Genen nur in etwa 30 Prozent der Fälle beide an MS erkranken. Vererbt wird also eher ein erhöhtes Risiko für MS.
Die Forschung kennt inzwischen über 200 Gene, die eine MS-Erkrankung begünstigen. Doch damit die Erkrankung ausbricht, muss es einen Auslöser geben. Dabei kann es sich um eine Infektion mit bestimmten Viren handeln.
Daneben kann eine gewisse Zusammensetzung der Darmflora die Erkrankung begünstigen.
Außerdem zählt ein Mangel am Sonnenvitamin D zu den Umwelteinflüssen, die MS zur Folge haben können.
Nervenschädigung durch körpereigene Viren
Obwohl die genaue Ursache für MS noch nicht geklärt werden konnte, ist bekannt, wie die Krankheit funktioniert.
So kommen die Beschwerden dadurch zustande, dass körpereigene Zellen das zentrale Nervensystem angreifen. Aus diesem Grund gehört MS auch in die Gruppe der Autoimmunerkrankungen.
Ganz genau sind es sogenannte T- und B-Lymphozyten im Gehirn und Rückenmark, die als Entzündungszellen zuerst die Myelin-Umhüllung der Nervenfasern und im weiteren Verlauf auch die Nervenzellen selbst zerstören. Dadurch wird die Funktion der Nervenzellen behindert.
Doch die Nervenzellen sind notwendig, um Sinnesreize weiterzuleiten und unsere Muskelbewegungen aktiv zu kontrollieren.
Weil die beschädigten Nervenzellen die benötigten Informationen nur noch teilweise oder gar nicht mehr weitergeben können, können Betroffene zum Beispiel ihren Arm nicht mehr bewegen, ihr Bein nicht mehr beugen oder schlechter sehen.
Krankheit mit tausend Gesichtern
Muskellähmungen und Sehstörungen gehören zu den häufigsten Symptomen bei MS. Daneben leiden viele Betroffene unter Empfindungsstörungen. Diese können sich zum Beispiel in einem Taubheitsgefühl, in Kribbeln oder in einer herabgesetzten Empfindlichkeit gegenüber Temperaturen äußern.
Allerdings sind viele Symptome unspezifisch. Deshalb dauert es manchmal Monate, bis MS überhaupt erkannt wird. Das gilt vor allem dann, wenn typische Leitsymptome wie die Sehstörungen oder die Muskellähmungen fehlen.
Erschwerend kommt dazu, dass eine Vielzahl von ganz unterschiedlichen Symptomen möglich ist. Aus diesem Grund wird MS auch die Krankheit mit den tausend Gesichtern genannt.
Gute und wichtige Fortschritte in der Therapie
Selbst nach einer eindeutigen Diagnose können die Ärzte den genauen Verlauf der Krankheit kaum vorhersagen. Denn die Erkrankung schreitet unterschiedlich schnell voran und auch die Symptome sind verschieden stark.
Bei fast 90 Prozent der Patient:innen treten alle paar Monate Schübe auf. Die Schübe können wenige Stunden bis mehrere Wochen andauern, schwache oder stärkere Symptome umfassen und auch neue Symptome mit sich bringen.
Aber auch der Verlauf der Schübe ist nicht berechenbar. So bilden sich bei einigen Betroffenen die Symptome zurück und nach einem Schub folgt eine beschwerdefreie Zeit. Bei anderen Betroffenen hingegen wird der Zustand nach jedem Schub schlechter.
Doch es gibt gute Nachrichten.
Dank Therapiefortschritten im vergangenen Jahrzehnt kann die Häufigkeit der Erkrankungsschübe mit Medikamenten um 30 bis 60 Prozent gesenkt werden.
Bei der medikamentösen Langzeitbehandlung konnte die Forschung in jüngerer Vergangenheit ebenfalls neue, vielversprechende Ergebnisse erzielen. Ein MS-Medikament besteht aus künstlich hergestellten Antikörpern, die den Angriff der Immunzellen auf das eigene Nervengewebe blockieren.
Klinische Studien zeigten, dass eine frühe Therapie mit dem Medikament die Zahl der Schübe halbieren und die Nervenschäden verlangsamen kann. Außerdem trägt das Medikament dazu bei, dass notorische Funktionen, die nach einem Schub oft nicht wiederkehren, erhalten bleiben. Voraussetzung ist aber, dass die Behandlung so früh wie möglich beginnt.
Insgesamt wird intensiv an Multipler Sklerose geforscht und es können regelmäßig neue Behandlungsansätze und mögliche Heilungsmethoden entwickelt werden. Zwar ist eine vollständige Heilung noch nicht möglich.
Trotzdem können schon jetzt viele Patient:innen ein erfülltes Leben führen und die Zukunft sieht vielversprechend aus.
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Thema: Multiple Sklerose: die Krankheit mit den tausend Gesichtern
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