Wann zahlt die Krankenkasse eine ärztliche Zweitmeinung?
Steht eine Operation oder ein anderer, größerer Eingriff ins Haus, möchte viele Patienten sicherheitshalber eine zweite Meinung einholen. Über die freie Arztwahl können sich gesetzlich Versicherte prinzipiell immer an einen zweiten Mediziner wenden. Aber es gibt auch ein spezielles Zweitmeinungsverfahren, das die Qualität der Beratung garantiert. Bei bestimmten Eingriffen haben Patienten dadurch sogar einen gesetzlichen Anspruch auf eine zweite Einschätzung.
Wir erklären, wann die Krankenkasse eine ärztliche Zweitmeinung bezahlt:
Inhalt
Das Recht auf eine ärztliche Zweitmeinung
Weil gesetzlich Krankenversicherte ihren Arzt frei aussuchen können, ist es problemlos möglich, einen zweiten Arzt zu Rate zu ziehen. Dieser Arzt kann seine Beratungsleistung ganz normal mit der jeweiligen Krankenkasse abrechnen. Viele gesetzliche Krankenkassen bieten eine Zweitmeinung vor planbaren Operationen außerdem als freiwillige Zusatzleistung an.
Plant der Patient, sich eine Zweitmeinung einzuholen, sollte er seinen behandelnden Arzt darüber informieren. Außerdem sollte er darum bitten, dass ihm die Praxis Berichte, Laborwerte, Röntgenbilder und andere Befunden aushändigt.
Der Patient hat grundsätzlich das Recht, seine Patientenakte vollständig einzusehen. Außerdem kann er elektronische Abschriften verlangen. Auf diese Weise werden Doppeluntersuchungen vermeiden, die überflüssig sind und die Gesundheit unnötig belasten können.
Auch Kosten werden eingespart. Kopien der Patientenakte oder Befunde daraus darf der Arzt nicht verweigern. Allerdings darf er dem Patienten die Kosten für die Kopien berechnen.
Die Regelungen zur Zweitmeinung bei bestimmten Eingriffen
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat schon im September 2017 in einer Richtlinie zum ärztlichen Zweitmeinungsverfahren festgelegt, dass ein gesetzlicher Anspruch auf eine unabhängige zweite Meinung bei Eingriffen an den Gaumen- und Rachenmandeln und bei der Entfernung der Gebärmutter besteht. Im Februar 2020 sind arthroskopische Eingriffe am Schultergelenk dazugekommen.
Seit Januar 2021 gelten die Regelungen auch, wenn eine Knie-Endoprothese implantiert werden soll. Dabei bezieht sich der Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung auf die Erstversorgung und auf medizinisch notwendige Folge-, Korrektur- oder Wechseleingriffe. Operationen im Notfall sind hingegen ausgenommen.
Neben geplanten Eingriffen an der Wirbelsäule kann sich der Patient außerdem eine Zweitmeinung einholen, wenn infolge des diabetischen Fußsyndroms eine Amputation durchgeführt werden soll. Beim diabetischen Fußsyndrom sind Amputationen gängig.
Alternativen dazu wären unter anderem eine chirurgische Reinigung der Wunde, eine Druckentlastung, die Behandlung von Infektionen und Maßnahmen, die die Durchblutung fördern.
Voraussichtlich Anfang 2022 wird der Katalog durch das Einsetzen eines Defibrillators oder eines Herzschrittmachers, die elektrophysiologische Herzuntersuchung und das Veröden von erkrankten Herzmuskelzellen ergänzt. Auch bei diesen Eingriffen soll der Patient künftig einen gesetzlichen Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung haben.
Fällt ein Eingriff unter die gesetzlichen Regelungen, muss der behandelnde Arzt den Patienten spätestens zehn Tage vor der geplanten Operation aufklären, dass sich der Patient von einem entsprechend qualifizierten Arzt darüber beraten lassen kann, ob der Eingriff notwendig ist und welche Behandlungsalternativen möglich sind.
Ärzte, die eine Zweitmeinung abgeben, müssen unabhängig sein und eine besondere Qualifikation vorweisen. Sie erhalten von den gesetzlichen Krankenkassen dann eine Genehmigung für die Teilnahme am Zweitmeinungsverfahren. Die Kosten für die Beratungsleistung rechnen sie direkt mit den Krankenkassen ab.
Auf der Webseite des ärztlichen Bereitschaftsdienstes besteht die Möglichkeit, nach Ärzten zu suchen, die eine Zweitmeinung abgeben dürfen. In Zukunft muss der behandelnde Arzt seinen Patienten aber darauf hinweisen, wo dieser Listen mit zugelassenen Zweitgutachtern findet.
Außerdem muss der Arzt darüber aufklären, dass der Patient seine Patientenakte einsehen kann und die Krankenkasse beim offiziellen Zweitmeinungsverfahren neben der Beratungsleistung auch die Kosten für Kopien bezahlt.
Die freiwilligen Zusatzleistungen der Krankenkassen
Der gesetzliche Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung gilt für vergleichsweise wenige Eingriffe. Allerdings können die gesetzlichen Krankenkassen auf freiwilliger Basis das Einholen einer zweiten Meinung vor geplanten Operationen bezahlen. Es kann sich deshalb lohnen, sich bei der eigenen Krankenkassen zu erkundigen.
Tatsächlich bieten sehr viele Krankenkassen diese Zusatzleistung nämlich an. Welche Eingriffe abgedeckt sind, ist aber von Krankenkasse zu Krankenkasse verschieden. Meist geht es um Operationen an der Wirbelsäule, der Hüfte, den Knien und der Schulter.
Teilweise ermöglichen die Krankenkassen zudem eine weitere Begutachtung durch einen Spezialisten bei Krebs- und Herzerkrankungen oder anderen, schwerwiegenden Krankheitsbildern.
Unterschiede gibt es auch beim Ablauf. So vermitteln einige Krankenkassen einen Termin bei einem kooperierenden Arzt. Andere Krankenkassen nutzen Onlineportale. Über das Portal wird der Patient beraten, nachdem er seine Unterlagen hochgeladen hat.
Die Qualität der ärztlichen Zweitmeinung
Die Richtlinie des G-BA sieht konkrete Vorgaben für die Qualität vor. Diese beziehen sich sowohl auf die Zweitmeinung selbst als auch auf die Qualifikation des Arztes, der die Einschätzung vornimmt.
Allerdings betreffen die Anforderungen nur Eingriffe, die das gesetzliche Zweitmeinungsverfahren einschließt. Holt sich der Patient außerhalb des Verfahrens eine ärztliche Zweitmeinung ein, gibt es keine verbindlichen Qualitätsvorgaben.
Aus diesem Grund sollte der Patient im Hinterkopf haben, dass die eingeholte Beratung außerhalb der gesetzlichen Regelungen möglicherweise nicht ganz unabhängig ist. Die Medizin ist auch ein Wirtschaftszweig. Deshalb kann der ärztliche Rat durchaus von geschäftlichen Interessen beeinflusst sein.
Andersherum lässt sich nicht ausschließen, dass ein Onlineportal oder ein Arzt, der mit der Krankenkasse zusammenarbeitet, eher dazu neigt, von einer sehr teuren Operation abzuraten.
Neben Ärzten und Krankenkassen gibt es auch private Gutachter, die sich darauf spezialisiert haben, Zweitmeinungen abzugeben. Lässt sich der Patient hier beraten, muss er die Leistung aus eigener Tasche bezahlen. Andererseits bedeutet so manche Operation einen Einschnitt, der zwar die Beschwerden deutlich lindern kann, das Leben aber dauerhaft verändert und nicht mehr rückgängig zu machen ist.
Deshalb kann es sinnvoll sein, etwas Geld in eine gute Beratung zu investieren, um sich auch als medizinischer Laie eine Meinung bilden und die richtige Entscheidung treffen zu können.
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Thema: Wann zahlt die Krankenkasse eine ärztliche Zweitmeinung?
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